
Le brewpub La Filature



















Der Brewpub La Filature (die Spinnerei), der 2023, vor etwas über einem Jahr auf dem Industriegelände der ehemaligen Cosserat-Fabrik eröffnet wurde, trägt seinen Namen zu Recht, da Cosserat ein international renommierter Samthersteller war, der Ende des 18. Jahrhunderts gegründet wurde. Die Mikrobrauerei befindet sich in einem ehemaligen Barackenbau des amerikanischen Roten Kreuzes aus dem Jahr 1917, den Cosserat später in ein sozial- medizinisches Zentrum umwandeln ließ. Das Gebäude, das wie ein schwedisches Haus anmutet – abgesehen davon, dass die Verkleidung nicht rot, sondern grau ist –, befand sich anfangs noch in einem desolaten Zustand. Trotz dieses fortgeschrittenen Verfalls ließen sich Nicolas, Vincent und Pauline davon begeistern und gründeten gemeinsam einen Brewpub, eine Restaurant-Kneipe, in der zwischen sechs und acht Biersorten gebraut werden. Wie von der Denkmalschutzbehörde „ Bâtiments de France“ vorgeschrieben, wurde die Baracke originalgetreu restauriert.
Die sehr kompakte Brauanlage, die von der Kneipe aus zu sehen ist – ebenso wie die Küche –, befindet sich direkt hinter dem Tresen. Auf der linken Seite ist dieser klassisch mit Regalen voller Gläser und Flaschen ausgestattet, während rechts originelle kleine handgefertigte Schiefertafeln hängen, auf denen die Getränke vom Fass aufgeführt sind: Biere, Limonade, Bio-Cidre und sogar ein Gin Tonic mit regionalem Gin der Distillerie Hautefeuille aus Beaucourt-en-Santerre. Die Hausbiere, die etwa einen Monat lang gären und reifen, werden direkt aus den Lagertanks ins Glas gezapft.
Bei La Filature wird auf Qualität geachtet: Es gibt Naturweine, d. h. Weine in Bioqualität, die möglichst ohne Zusatzstoffe hergestellt werden und in der Regel nur die im Wein natürlich vorkommenden Sulfite enthalten, Eis aus einer Manufaktur und fair gehandelten Kaffee, der bei einer lokalen Röstmeisterin gekauft wird. Nicolas betont außerdem, dass die Ausrüstung La Filature gehört, was sie unabhängig macht, dadurch dass keine Verträge sie an Vertriebspartner bindet – eine Unabhängigkeit, die ihn stolz macht und auf die er großen Wert legt. Mittags ein Restaurant und abends ein Pub, bei La Filature wird alles darangesetzt, Lokales zu verarbeiten. Auch wenn dies nicht immer möglich ist, wird stets höchste Qualität angeboten. Als Vegetarier achtet Nicolas mit seinen Partnern und seinem Team darauf, immer mindestens ein vegetarisches Gericht auf die Karte zu setzen. Das Mittagsmenü besteht aus drei Vorspeisen, drei Hauptgerichten und drei Desserts, während abends, wenn Konzerte, Stand-up-Shows oder andere Veranstaltungen stattfinden, Snacks wie Croque-Monsieur, Pommes oder Hähnchennuggets serviert werden – alles wie immer selbstverständlich hausgemacht.
Die Abende können zwanglos im Freien stattfinden, da es in der Nähe noch keine Nachbarn gibt. Außerdem ist der Ort so gestaltet worden, dass er alle Generationen zusammenzubringt: Draußen gibt es eine Boulebahn, einen Spielplatz und einen Musikpavillon, und im Lokal befindet sich ein Podest, halb als Spielecke für Kinder und halb für Gäste. Vom Saal mit abnehmbaren halbhohen Raumteilern abgegrenzt und ausgestattet mit einem Theatervorhang, hinter dem sich Tische und Stühle leicht verbergen lassen, lässt er sich perfekt in eine Bühne verwandeln. Durch ihre Patina wirkt die Einrichtung des Lokals, als wäre sie schon immer da gewesen. Diese Illusion verdankt man dem Talent und der Erfahrung des Amienser Kunstmalers und Bühnenbildners Bertrand Siffritt, der all sein Können in den Dienst der Mikrobrauerei gestellt hat, um einen Ort zu erschaffen, an dem man sich in einer Atmosphäre des letzten Jahrhunderts wie zu Hause fühlt – ein Ambiente, das perfekt zur Cosserat-Welt passt. Als ehemaliger Trödler hat er es verstanden, Möbel, Objekte und Gemälde zu stöbern, zu restaurieren und so aufeinander abzustimmen, als wären sie alle schon immer da gewesen, im Geist der flämischen Schankstuben, der angelsächsischen Brewpubs und der Pariser Bistros der 1930er-Jahre. Dabei hat er die ihm gegebene künstlerische Freiheit meisterhaft umzusetzen gewusst, indem er die Identität der Filature gewahrt hat.
Derzeit sind die Mikrobrauerei, einige Unternehmen und der Verein Bleu de Cocagne die einzigen, die dieses Gelände nutzen, das Teil eines Sanierungsprojekts ist. Inzwischen sind die verlassenen Gebäude von Blumen umgeben, die keine Gärtnerhand mehr bändigt und die sich über die alten Wege und Gärten ausbreiten, und langsam die Architektur des Ortes erobern. In dieser nostalgischen Atmosphäre schweben die Reminiszenzen einer vergangenen Epoche – eine charmante Kulisse, deren Vergänglichkeit man jetzt genießen muss, denn will man dieses kulturelle Erbe retten, das die Natur immer gewaltiger erstürmt, gilt es nun schnell zu handeln.
Brewpub La Filature
200 Rue Maberly
80000 Amiens
Tel.: +33 6 95 17 65 65
Facebook : Brewpub La Filature
Instagram : brewpublafilature
Obwohl abgelegen – jedoch nur fünf Minuten vom Stadtzentrum entfernt –, ist La Filature mit ihrer deftigen Küche sehr erfolgreich (und das zu Recht, wenn man mich fragt). Es wird daher empfohlen, mittags zu reservieren.
Öffnungszeiten
Mittwoch-Donnerstag von 12:00 bis 14:00 Uhr und von 17:00 bis 23:30 Uhr
Freitag von 12:00 bis 14:00 Uhr und von 17:00 bis 00:30 Uhr
Samstag von 17:00 bis 00:30 Uhr
Sonntag von 12:00 bis 20:00 Uhr (mit Brunch und Nachmittag in Guinguette-Atmosphäre)