

















Der biologische und lokale Markt im Maison des Marais von Longpré-les-Corps-Saints wurde 2012 ins Leben gerufen. Auch wenn die Anfänge zaghaft waren, zieht er heute eine breite Kundschaft in die grandiose Umgebung der Sümpfe an, wo Landschaft und Licht je nach Jahres-, Tageszeit und Wetterlage sich stets wandeln.
Bertrand Bouvier war der erste Händler auf dem Markt, und sein Biogemüsestand ist bis heute ein fester Bestandteil davongeblieben. Der Biobauer besitzt Parzellen in Longpré, etwa 100 Meter vom Maison des Marais entfernt, und im Nachbarort Fontaine-sur-Somme. Ich komme vor ihm auf seinem Grundstück in Fontaine an und schlendere ein wenig über die Parzelle. Neben den Gewächshaustunneln, die bei Annäherung extrem heiße Luft verströmen, scheinen Nutzpflanzen, Wildblumen und Unkraut harmonisch nebeneinander zu wachsen. Hier befindet man sich im Reich der Pflanzen, nichts ist getrimmt, ganz im Gegenteil, und das ist auch so gewollt. „Eh man anbaut, wird der Boden vorbereitet“, erklärt mir Bertrand. Dann können sich die Kulturen darauf entwickeln. Anfangs jätet der Gemüsebauer das Unkraut händisch, bis irgendwann die Kulturen die nötige Kraft besitzen, um sich gegen die Unkräuter durchzusetzen. So lebt hier Topinambur in guter Nachbarschaft mit Wasserminze und Gänsedisteln. In den Gewächshäusern nebenan wechseln sich Reihen von Tomaten, Auberginen und Paprika ab, zwischen denen Kräuter wie Basilikum, Estragon, Zitronenverbene, Pfefferminze usw. angebaut werden, um ein Gleichgewicht zu schaffen und bestimmte Insekten abzuwehren oder anzulocken.
Weiter hinten liegt der Obstgarten mit Apfelspalieren, die reichlich Früchte tragen. Die Birnen- und Aprikosenbäume daneben sind noch zu jung, um Früchte zu tragen. Es wird noch zwei Jahre dauern, bis es so weit ist. Hier gibt es keinen Quadratzentimeter ohne Vegetation, das hohe Gras verhindert sogar den Blick einen wild belassenen Teich. So weit wie möglich wird der Natur die Freiheit gelassen, sich zu entwickeln und Nützlingen die Möglichkeit zu geben, sich anzusiedeln, um Schädlinge zu parasitieren oder zu fressen. Diese Biodiversität soll ein natürliches Gleichgewicht herstellen. Wir gehen am Aussaatgewächshaus vorbei, lassen rechts drei Kirschbäume stehen, die die Vögeln sehr schätzen, und erreichen das Gewächshaus für Melonen und Wassermelonen. Die Ernte ist für Mitte September geplant. Trotz des Mulchgewebes bahnen sich immer wieder Unkräuter ihren Weg; Bertrand reißt einige davon aus. Im Moment sind die Früchte noch klein und hier und da sind noch Blüten zu sehen. Bertrand erklärt mir, dass man dank der heutigen Sorten auch Pflanzen anbauen kann, die traditionell im Süden beheimatet sind. So produziert er zum Beispiel auch einen milden, duftenden rosa Knoblauch.
Ursprünglich hatte der Vierzigjährige nicht vor, Gemüseanbau zu betreiben. Bertrand, der in Longpré aufgewachsen war und als Kind viel Zeit mit Gartenarbeit verbrachte, wählte später das Studium der Agrarwissenschaften, das er als Forstingenieur mit Schwerpunkt Energieholzproduktion abschloss. Nach seinem Abschlusspraktikum lehnte er ein unzureichend bezahltes Stellenangebot ab und stellte sich die Frage, wie es beruflich weitergehen sollte. So entschied sich der Gärtner aus Leidenschaft, Gemüsebauer zu werden. Dies war die Geburtsstunde seines Betriebs Ché bio Gardins im Jahr 2011. Er, der nie Pflanzenschutzmittel verwendet hatte, machte einfach so weiter, denn wie er sagt, ist das für ihn die Essenz der Produktion. Am Anfang stieß er auf große Skepsis und wurde mit der Welt der konventionellen Landwirtschaft konfrontiert, die diese Produktionsweise nicht verstand. Seine damaligen Kritiker, die ihn und ein Dutzend anderer Bioerzeuger für, gelinde gesagt, Außerirdische hielten, wie er mit einem schelmischen Lächeln betont, hatten Unrecht. Dennoch ist es heute, auch wenn die Coronakrise der Biowirtschaft Auftrieb gab, immer noch schwierig, neue Wege zu gehen, und die Nachcoronazeit hat den Biomarkt in eine schwierige Lage gebracht: Die Agrarpolitik dreht das Rad der Zeit zurück und schützt ihn nicht mehr ausreichend. Doch diese Situation scheint die Leidenschaft des jungen Mannes für das Konzept des lokalen Bioanbaus nicht zu untergraben. Für ihn wäre es unvorstellbar, wenn die Menschen aus der Umgebung nicht in den Genuss seiner Produktion kommen könnten. Die Anfänge waren für ihn zwar finanziell manchmal sehr heikel, aber das Angebot des Bunds der Somme-Bucht, einen Stand 2012 im Maison des Marais einzurichten, kam ihm gerade recht, um seinen Verkauf von Biogemüse dauerhaft zu sichern. Außerdem gelingt es ihm, durch den ultrakurzen Vertriebsweg und das Fehlen von Zwischenhändlern wettbewerbsfähig zu bleiben und oft sogar bessere Preise als für manches konventionell angebaute Gemüse, das in Supermärkten verkauft wird, zu verlangen. Der Markt in den Sümpfen hat ihm außerdem die Möglichkeit gegeben, durchzuhalten, weiter zu lernen und seine Produktpalette zu erweitern, die heute nicht mehr auf Obst und Gemüse beschränkt ist: Tomaten werden zu Coulis verarbeitet, Äpfel zu Saft, einige Gemüsesorten zu Suppen und andere zu Ratatouille. Für das Gemüse greift er auf eine Konservenfabrik in der Nähe von Boulogne-sur-Mer zurück, Le Chênelet, einen Verein zur sozialen Eingliederung durch Arbeit, der biologisch zertifiziert ist (https://www.chenelet.org/), während die Äpfel im etwa 40 Kilometer entfernten Bergicourt von Simon Lenoir, einem Hersteller von Bio-Apfelsaft und -Cidre, zu Saft verarbeitet werden. Bleibt noch zu sagen, dass Bertrands Obst und Gemüse, das am Tag oder am Vortag geerntet wird, nicht nur sehr schmackhaft ist, sondern auch sehr lange haltbar ist. Da kann wohl kein Supermarkt mithalten.
Ché bio Gardins
Verkauf im Maison des marais in Longpré-les-Corps-Saints, jeden Freitag von 16:30 bis 19:00 Uhr.
Rue de l'ancienne Gare
80510 Longpré-les-Corps-Saints