
Le Croquembouche


Als ich zum Mittagessen ging, ahnte ich nicht, welch Genuss mir der Croquembouche bereiten würde, der mich 200 Meter und mehrere Jahrzehnte in die Vergangenheit katapultierte: Nach einem leckeren vegetarischen Burger, aus einem luftigen Falafel, einer Scheibe Ziegenkäse und einer köstlichen Sauce, alles zwischen den Hälften eines hausgemachten Brioche-Brötchens, bestellte ich mir, – obwohl ich eigentlich kein ausgesprochener Dessert-Fan bin – ein knuspriges Praliné-Schokoladen-Krokantgebäck, das mich in die Rue du Maréchal Foch versetzte, in den Teesalon, in den mich meine Eltern früher oft mitnahmen. Vor langer Zeit wurde dieser von einem Camaïeu-Laden ersetzt, seinerseits inzwischen von einem Herrenausstatter abgelöst. Ich erinnere mich an eine Auslage voller Köstlichkeiten und eine Nougatine-Tasse mit Mokkakuchen gefüllt, die ich immer bestellte – weniger für den Mokka als vielmehr für den Krokant, den der damalige Konditor so wunderbar hinbekam. Und genau diese Nougatine habe ich heute auf meinem Teller wiedergefunden: Zart unter den Zähnen knackend unterstreicht sie den Schmelz der Praliné-Schokoladenmischung durch einen dezent nussigen und subtil karamellisierten Wirbel – und löst eine Flut von Erinnerungen aus.
Das Croquembouche hat etwas von einem Teesalon mit seiner Vitrine voller Leckereien, die das Auge verführen, sobald man durch die Tür tritt. Das war auch das Konzept, als es Ende 2012 eröffnet wurde. Damals war nur ein kleiner Mittagstisch geplant, aber die Gäste entschieden anders. Also beschlossen die Besitzer, Estelle und Mathieu Thévenin, das Mittagsangebot zu erweitern - zur Freude von Feinschmeckern und Naschkatzen. Im Laufe der Jahre wurde aus der Teestube ein Restaurant. Mathieu arbeitet in der Küche während Estelle sich zusammen mit einer Kellnerin und einem Kellner um den Service kümmert. Selbst wenn das Restaurant voll ist, spürt man keinen Stress; das Servicepersonal sorgt aufmerksam in einer familiären Atmosphäre, die dem Paar am Herzen liegt, für das Wohl der Gäste.
Estelle und Mathieu stammen aus der Region, aber ihr Weg führte sie auch nach Kanada und in die Schweiz. Es war während der drei Jahre, die Mathieu auf der anderen Seite der Alpen verbrachte – damals als Chef-Patissier in einem Gourmetrestaurant –, dass er eine Leidenschaft für das Kochen entwickelte, eine Liebe, die sich in seiner Suche nach Rezepten und seiner Offenheit für Neues widerspiegelt. Für Estelle und ihn steht die Qualität an erster Stelle: Also gibt es bei ihnen frisches Fleisch und frischen Fisch, so regional wie möglich, sowie Biogemüse von „Antoine et le Haricot Magique“, einem Gemüsebauer aus dem etwa 15 km entfernten Tœufles. Im Croquembouche finden man im Winter weder Spargel noch Erdbeeren. Stattdessen setzen die Zwei auf saisonale Produkte, die in Gerichten verarbeitet werden, die Lust auf mehr machen und perfekt veranschaulichen, dass jede Jahreszeit Schätze bereithält, um köstliche Speisen zu zaubern. Genau das macht die Vorfreude auf die Wiederkehr der Jahreszeiten, ähnlich dem Gefühl damals, als wir als Kinder mit freudiger Ungeduld auf Weihnachten warteten. Für Mathieu bilden Frische und Saisonalität der Produkte das Fundament seines Handwerks. Und man spürt, wie sehr er engagiert ist: So zum Beispiel hat er auch dieses Jahr wieder während der „Woche des Geschmacks“ in der Schule seiner jüngsten Tochter mitgewirkt. Das Geschmacksempfinden zu schulen, ist ihm ein wichtiges Anliegen, doch die Aufgabe ist herausfordernd – daher fängt man am besten früh damit an. In diesem Jahr half er den Kindern bei der Herstellung von Rote-Bete-Johannisbeer-Marshmallows.
Bei unserem ständigen Drang immer alles vor der Saison haben wollen, ohne je mehr darauf Acht zu geben, was wir wirklich kaufen, haben wir dann nicht vergessen, was authentische Geschmäcker sind? Die industrielle „Küche“ führt schließlich zu einer Neutralisierung, die allen Geschmäcker vermischt und verwischt. Der Koch gleicht dann einem Seiltänzer: Er muss die geschmacklichen Vorurteile überwinden und dabei grundsätzlich offen für alles sein. Wenn ein Gast nach einem vegetarischen Gericht fragt, ist das ganz einfach, erklärt Mathieu. Die vegane Küche hingegen ist etwas anspruchsvoller, aber eine rechtzeitige Vorankündigung genügt. Herausforderungen nimmt er gerne an. Die Zukunft mag der pflanzlichen Kochkunst gehören, doch ist es besser, ihr eine neue Identität zu verleihen, anders darüber zu sprechen, den Gast damit träumen zu lassen und seine Neugierde zu wecken, anstatt ihn mit Worten abzuschrecken, die heute noch oft Widerstand hervorrufen. Deshalb gehen Estelle und Mathieu Schritt für Schritt vor, passen sich an, experimentieren, probieren und korrigieren ihren Kurs immer wieder.
Wie sehen sie ihre Zukunft? Das Restaurant selbst stellt sie vor einige Herausforderungen: Toiletten im Untergeschoss, die Küche im Obergeschoss und eine relativ kleine Terrasse. Dennoch ist es schwierig, ein passendes Ladenlokal zu finden, und zwei Angebote sind ihnen bereits entgangen. Die Suche geht also weiter. Trotz alledem hindern die kleinen Widrigkeiten des Alltags sie nicht daran, die Gaumen ihrer Gäste zu erfreuen, die hier stets mit großer Herzlichkeit empfangen werden. Für den Moment sind sie zufrieden, einen Rhythmus gefunden zu haben, der es ihnen ermöglicht, das Restaurant mit ihrem Familienleben zu vereinbaren – für sie ein unverzichtbarer Aspekt.
Gut zu wissen
Estelle und Mathieu benannten ihr Lokal zwar nach dem Restaurant, in dem sie in Kanada gearbeitet hatten, aber ein Croquembouche bezeichnet dennoch einen Kuchen aus zu einer Pyramide getürmten, mit Vanillecreme oder Schlagsahne gefüllten Windbeuteln, die von knusprigem Karamell zusammengehalten werden.
Le Croquembouche
3 Place Jacques Becq
80100 Abbeville
Tel.: +33 3 60 04 23 53
Facebook: Le Croquembouche
Öffnungszeiten
Dienstag-Donnerstag von 12.00 bis 14.00 Uhr
Freitag und Samstag von 12:00 bis 14:00 Uhr und von 19:00 bis 21:30 Uhr










