
Le Gît’Âne

Alte Bäume, eine halbwilde Vegetation. Ein Hund, zwei schwarz-graue Schweine, die scheue Rosie und der gemütliche Max, ein Dutzend Hühner, Katzen und sogar ein Lamm, alle kommen neugierig auf mich zu, als ich mich heute Morgen dem Tor der Gît’Âne nähere, einem wunderschönen Backsteinanwesen aus dem Jahr 1850, dem ehemaligen Schloss von Sorel-en-Vimeu.
Le Gîte’âne – mehr als nur eine Ferienunterkunft: ein Zufluchtsort
Klarer und durchdringender aventuringrüner Blick, lockiges, nach hinten gebundenes Haar, jugendliches Lächeln, energisches Auftreten – Anne Carpentier, von Perle, einem weißen Schweizer Schäferhund, gewarnt, kommt, um mir das Tor zu öffnen. Ich folge ihr ins Haus, wo uns die Hündin Lola begrüßt. Zwei Katzen schlafen, eingekuschelt auf einer Decke. Wir setzen uns an einen hohen Tisch, gegenüber dem großen Kamin in der Schlossküche. Hier leben die Tiere frei auf dem 6.500 Quadratmeter großen Gelände, wo sie ein Dasein voller Unglück wieder in Ordnung bringen. Oscar, das Lamm, der jüngste Zugang, der noch mit der Flasche gefüttert wird, kam erst vor einem Monat im Alter von fünf Tagen dazu, was die Abwesenheit der sehr territorialen Esel erklärt, die auf eine Weide in Airaines, ein paar Kilometer entfernt, geschickt wurden.
Anne erklärt mir, dass die Tiere eine Mittlerfunktion bei den Kindern aus schwierigen Familienverhältnissen, die bei ihr wohnen, haben, denn Anne ist nicht nur Gastgeberin einer Ferienunterkunft, sie ist auch Pflegemutter, Schutzengel für in Not geratene Tiere, aber auch Mutter und Großmutter. Daher wird sie stark beansprucht: Das Telefon klingelt häufig und Nachrichten ertönen regelmäßig auf ihrem Handy.
Die Ferienunterkunft hat Anne 2018 eröffnet. Für die Kinder in ihrer Obhut ist das eine gute Schule: Rücksicht nehmen, sich an Regeln halten – zum Beispiel leise sein, wenn andere Ruhe brauchen. So lernen sie ganz nebenbei, was Zusammenleben bedeutet. Es kratzt an der Tür – es ist Oscar, das Lämmchen. Es sucht Gesellschaft – und Streicheleinheiten –, dann legt es sich auf den Teppich neben den Hund; sein Köpfchen kippt nach hinten, die Augen flackern und schon schläft es. Anne und ich plaudern. Sie erzählt mir von ihrem Werdegang, von Pharma-Referentin über Krankenschwester bis hin zur Pflegemutter und Gastgeberin einer Ferienunterkunft. Der menschliche Kontakt ist der Schlüssel zu ihrem erfüllten Leben.
Hier ist das Paradies – ein Aufenthalt voller Poesie
Gefolgt von einer bunten Tiertruppe, gehen wir hinaus, um das Ferienhaus zu besichtigen, das in einem Flügel des Herrenhauses untergebracht ist und gerade von einem Gast verlassen wurde, der seinen Aufenthalt spontan verlängert hatte. Rosensträucher und Kletterpflanzen rahmen auf idyllische Weise das Fenster und die Tür ein, die in den Wohnraum im Erdgeschoss führt – ein gemütlicher Raum mit voll ausgestatteter Küche. Hier verbinden sich ländlichen Charme mit praktischem Komfort. Ein kleines Schild mit der Aufschrift „Hier ist das Paradies“ verspricht nicht zu viel, wie das Gästebuch eindrucksvoll bestätigt – ein Ort, an dem man lieber Gummistiefel als Stilettos trägt, um im Park rund ums Herrenhaus zu spazieren.
Natürlich leben
Wenn man das Leben in der Natur liebt, kann ein Aufenthalt hier eigentlich nur entspannend wirken. Nach einem Blick im Obergeschoss, wo ein Bett mit romantischen Spitzenvorhängen den Gast erwartet, gehen wir zu einem gemütlich und stilvoll eingerichteten Zirkuswagen. Hier zieht sich Anne manchmal zurück. Langfristig soll er aber als Ferienunterkunft genutzt werden. Und mal ehrlich: Wer würde nicht davon träumen, sich in ein so charmantes Boho-Vintage-Nest zurückzuziehen?
Wir beenden unseren Rundgang am eingezäunten Permakultur-Garten, eingebettet in diese grüne Oase. Ringsherum wachsen Obstbäume, etwas weiter entfernt steht eine Gans – „verstoßen“, weil sie die Hühner angegriffen hatte. Gleich nebenan grasen Schafe auf der Weide des Nachbarn. Überall umgibt uns eine Natur, die nicht beherrscht, sondern geliebt wird. Ich verabschiede mich von der herzlichen Anne und fahre davon – berührt vom Zauber eines Ortes voller Geborgenheit, der an die bukolischen Illustrationen alter Kinderbücher erinnert.
Le Gît'âne
1 rue de l’Église
80490 Sorel-en-Vimeu
Tel.: +33 6 24 73 37 13
Internet: LeGîteÂne


















